Auf der Suche nach neuen, nachhaltigen Produkten, bin ich beim Drogeriemarkt dm jetzt schon des Öfteren auf Produkte der Reihe „Pro Climate“ [1] gestoßen. Geworben wird durch den Slogan „Pro Climate: umweltneutrale Produkte von dm“.
Doch wie neutral sind die Produkte wirklich und was bedeutet umweltneutral? Das erfahrt Ihr in diesem Beitrag.
Umweltneutral – was ist das?
Klimaneutral kennen wir, doch was ist umweltneutral?
„Unser Prozess der Umweltneutralität verfolgt einen ganzheitlichen und derzeit einzigartigen Ansatz: Bei unseren neu entwickelten Produkten reduzieren und kompensieren wir neben den Triebhausgasemissionen auch noch vier weitere relevante Umweltauswirkungen (Eutrophierung, Versauerung, Sommersmog und Ozonabbau) und gehen damit einen Schritt weiter.“ [1]
- Eutrophierung: Überbegriff für Überangebot an Nährstoffen in Gewässern und Böden – zum Beispiel zu viel Nitrat im Boden etc. [2].
- Versauerung: natürlicher Regulationsprozess von Anteil an H+ Ionen in Böden und Gewässern, der durch menschlichen Einfluss an Folgenschwere gewinnt. Versauerung durch sauren Regen. Führt zu Nährstoffauswaschung aus dem Boden [3].
- Sommersmog: photochemischer Smog. Vorläufersubstanzen in der unteren Atmosphäre werden durch starke Lichteinstrahlung zu photochemischen Oxidantien umgewandelt. Die Photooxidantiengemische enthält Reizstoffe, die auf Augen und obere Schleimhäute wirken [4].
- Ozonabbau: physikalisch-chemischer Prozess, bei dem Ozon zerstört wird [5]. Entstehung eines Ozonlochs. Folgen? Keine Absorption der UV-Strahlung mehr und damit einhergehende Risiken für Mensch und Umwelt [6].
Fazit: die Idee von umweltneutral ist wirklich cool!
Umsetzung des Konzepts?
Alle Produkte für den Körper sind zertifizierte Naturkosmetik. Insgesamt sind alle Produkte ohne Mikroplastik und viele vegan.
Bei der Verpackung kommt man dann aber das erste Mal ins Stutzen und das war auch der Punkt bei mir, wieso ich da jetzt nochmal genauer hingeschaut habe, denn: die Produkte sind alle in Plastik verpackt.
„Wenig Kunststoff kann auch einmal die bessere Option für das Klima und die Umwelt sein als eine Glasflasche. Denn eine dünne Kunststoffverpackung, die dazu aus 100% Recycling-Material (…) besteht, steht in der Gesamt-Ökobilanz besser da.“ [1]
Basierend auf diesem Ansatz bestehen die Produktverpackungen aus einem selbstbeschriebenem Höchstanteil aus recyceltem Plastik. Außerdem ist die Verpackung so minimal wie möglich und aus so wenig Kunststoffarten wie möglich, da sie so wieder recyclefähig sind [1].
Recherche – wie gut ist eigentlich recyceltes Plastik und macht der Ansatz Sinn?
Plastik ist leicht und ein guter Rohstoff, wenn man in einem hohen Maß an Qualitätserhalt verpacken möchte. Gerade in der Kosmetikindustrie bietet sich hier Plastik an und durch die Eigenschaften der Plastikverpackungen, kann man auch relativ verpackungssparend arbeiten.
Die Alternativen sind Glas und Papier. Kurz gesagt: Glas ist zu schwer und Papier ist für solche single-use Verpackungen auch nicht die ideale Wahl, weil die Eigenschaften von Papier nicht passen und durch den Einsatzzweck das Papier nicht mehr in den Recyclingkreislauf zurückkehrt. Mehrweg und Mehrzweck ist hier auch noch ein wichtiger Punkt, der beachtet werden muss. Glas und Papier sind vorallem die Verpackung der Wahl, wenn diese wiederverwendet wird, durch ein Pfandsystem oder Ähnliches. Erst dadurch wird die Ökobilanz besser als die von (recyceltem) Plastik.
Deswegen: Plastik zu verwenden macht theoretisch Sinn – recyceltes Plastik macht noch mehr Sinn, denn: „indem alter Kunststoff für die Herstellung neuer Verpackungen wiederverwendet wird, können Rohöl, Energie und bis zu 80 Prozent CO2 eingespart werden.“ [7].
Recycling ist halt immer key. Doch Recycling funktioniert noch nicht immer so gut. Die Lösung ist hier aber sicher nicht auf dem Recycling zum zu hacken, sondern weiterhin in die Technologie und Infrastruktur zu investieren. Projekte wie Pro Climate sind also schon ein guter Ansatz, um die Recycling-Industrie voranzubringen und Salon fähig zu machen. Großes Problem derzeit ist nämlich noch, dass Recyclen teurer ist als neu machen.
Stand jetzt ist recyceltes Plastik aber sicherlich noch kein 100% ausgereiftes Produkt, da zum Beispiel PET Flaschen derzeit nur zweimal recycelt werden können [7], viele Verpackungen aus Verbundmischungen bestehen, die nicht getrennt werden können und deshalb verbrannt werden und, als letzter Punkt, für eine Kreislaufwirtschaft muss der Kreislauf funktionieren. Das bedeutet, dass PET Flaschen nicht zu 80%, sondern zu 100% zurückgegeben werden müssen und dass die Mülltrennung überall funktionieren muss.
Fazit: die beste Verpackung ist keine Verpackung. Falls dies nicht geht, sollte man auf Mehrweg/Mehrzweck achten und ganz zum Schluss erst auf recyceltes Plastik zurückgreifen. Die Pro Climate Idee ist deswegen nicht schlecht, die Produkte konkurrieren nur in manchen Sparten mit anderen, unverpackten Produkten.
Mein persönliches Fazit:
Ich finde die Produkte von Pro Climate gut, wenn es keine unverpackte Alternative gibt. Da ich „normale“ Zahnpasta benutze und auch „normale“ Sonnencreme, sind sie somit eine gute Wahl im Vergleich zu den anderen Produkten. Bei Seife oder Spülmittel scheiden sich sicherlich die Geschmacksgeister. Wenn man hier auf flüssige Produkte setzt und nicht in den Unverpacktladen gehen möchte, dann kann man hier sicherlich zugreifen.
Doch ich glaube der wichtigste Punkt in diesem Beitrag ist: solche Konzepte funktionieren nur, wenn Recycling funktioniert, und das haben wir als Gesellschaft in der Hand – wortwörtlich und jeden Tag. Richtig Müll trennen ist das A und O.
Wie man das macht, erklärt Euch der NABU oder die Verbraucherzentrale.
Ich bin gespannt, wie sich Pro Climate weiterentwickelt. Da ich dm als ein sehr progressives Unternehmen wahrnehme und diese Produktlinie in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Partnern (z.B. TU Berlin) läuft, bin ich aber guter Dinge.
Schreibt mir gerne Eure Gedanken zu Pro Climate in die Kommentare!
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