Person 1 lebt nachhaltig, bezeichnet sich selbst als nachhaltig und fliegt dann aber in den Urlaub nach Thailand, um Land und Leute kennenzulernen.
Ist das ok? Manche sagen ja, manche sagen nein, auf jeden Fall wird sich Person 1 etwas anhören dürfen, dass das ja aber nicht so nachhaltig sei und dass das ja so 0,0 zum nachhaltigen Leben passen würde...
Person 2 lebt nicht so nachhaltig. Sie isst viele tierische Produkte und achtet beim Einkauf auch eher auf den günstigen Preis und nicht auf die Herkunft. In den Urlaub wird natürlich geflogen und das auch einfach mal so am Wochenende. Ist ja günstig.
Person 2 geht aber zu den Fridays for future Demos und demonstriert für den Klimaschutz.
Darf man Person 2 sagen, dass das nicht so nachhaltig ist und die Demonstration scheinheilig? Darf man den Oberlehrer raushängen lassen?
Manche sagen ja klar, andere sagen nein.
Prof. Dr. Uwe Schneidewind (Uni Wuppertal) hat letzte Woche einen Vortrag am KIT gehalten und genau dieses Thema angerissen.
Er sagt, dass es beim Inspirieren in Sachen Nachhaltigkeit nicht darum geht zu belehren, sondern darum voranzugehen.
Man sollte nicht den Oberlehrer spielen und Leute pikiert daraufhinweisen, dass es nicht in Ordnung sei zu den Fridays for future Demos zu gehen, aber gleichzeitig einen Jeep zu fahren.
Das würde die Leute nur demotivieren und eher von der Nachhaltigkeit abbringen.
Generell sollen die nachhaltig lebenden Menschen nicht um Akzeptanz des nachhaltigen Lebens kämpfen, im Sinne von: Fleisch aus Massentierhaltung ist schlecht, akzeptiere das einfach, sondern sie sollen die kleinen Fortschritte schätzen, die jeder einzelne so macht.
Ich sehe das ein bisschen anders.
Ich finde, dass man Person 1 nicht dumm anmachen sollte, weil sie mal in den Urlaub fliegt. Niemand ist ein zu 100% perfekter Mensch und Thailand kann man eben auch nur in Thailand erleben.
Person 2 ist aber meiner Meinung nach einfach scheinheilig und nur, weil man zu den fff - Demos geht, ist man noch nicht nachhaltig.
Man darf Person 2 auf jeden Fall daraufhinweisen, dass es ne gute Sache ist zu den Demos zu gehen, dass man sich aber nicht darauf ausruhen kann, sondern dass ein nachhaltiges Leben eben nicht nur vom Demonstrieren kommt.
Natürlich darf Person 2 selbst entscheiden, ob sie nachhaltig leben will, aber wieso darf ich, als nachhaltige Person, nicht sagen, dass ich das scheinheilig finde? Wieso muss ich mir dann sagen lassen, dass das belehrend sei und ich die Motivation senken würde?
Was darf man dann überhaupt sagen? Wahrscheinlich nichts.
Bezieht man die Situation jedoch auf andere Problemstellungen, beispielsweise auf die Kirche/Religion, dann denkt auch jeder, dass er sich es rausnehmen darf zu urteilen und seinen Senf dazuzugeben.
Das ist dann ok?
Versteh ich nicht.
Und ja ich kann verstehen, dass ich die Leute nicht zur Akzeptanz eines nachhaltigen Lebens zwingen kann.
Ich kann sie aber durchaus daraufhinweisen, dass sie vielleicht die nachhaltige Lebensweise nicht akzeptieren müssen, aber den Klimawandel als solchen, weil er wissenschaftlich belegt und einfach ein Fakt ist.
"Das ist aber nicht so nachhaltig" - ja, das darf man.
Und man sollte sich auch nicht immer zurücknehmen, nur weil man zu diesen dummen (veganen) Ökos gehört.
Man ist kein besserer Mensch, das nicht, aber man wird seine Meinung ja wohl noch sagen dürfen...
Und natürlich macht der Ton die Musik und eine inspirierende Lebensweise sollte natürlich vorrangiges Mittel sein, um andere Menschen anzustupsen.
Das weiß ich alles auch, aber ich bin es auch einfach leid den Mund verboten zu bekommen.
Ich glaube einfach, dass man nicht immer kuschen sollte, sondern ruhig auch mal einen Kontrapunkt bilden darf.
Eine konstruktive Debatte hat noch niemandem geschadet.
Und kleine Fortschritte sind gut und sollten auch gelobt werden!
Das gilt nicht nur für Menschen, die erst in die Nachhaltigkeit finden, sondern auch für die, die bereits nachhaltig leben.
Doch wie bereits gesagt, wenn man wirklich etwas verändern möchte, dann darf man sich auf kleinen Fortschritten nicht ausruhen, sondern muss weitere kleine Fortschritte machen.
Und das ist eben die Hauptfrage: möchte ich nachhaltig leben? Wenn ja, dann muss ich akzeptieren, dass ich einiges verändern muss.
Wenn nein, dann muss ich akzeptieren, dass ich mit meinem Verhalten der Umwelt und auch anderen Menschen schade.
Das soll jetzt wirklich nicht so klingen wie: wenn du nicht nachhaltig lebst, dann bist du ein schlechter Mensch, stell dich in die Ecke, sondern einfach nur mal vor Augen führen, dass das Leben in der 1. Welt, all unsere Privilegien, einen Preis hat.
Das sind jetzt viele krasse Aussagen, die ich jetzt hier mal niedergeschrieben habe. Ich werde vielleicht nochmal die Tage dazu Stellung beziehen.
Für den Moment mussten sie raus und ich hoffe auch, dass sie für Reibung sorgen werden.
Ich hoffe, dass ich eine Diskussion anstoßen kann, in der auch meine eigenen Gedanken nochmal revolutioniert werden können.
Was ist Eure Meinung? Wo stimmt ihr zu, was seht ihr gar nicht so? Kommentiert gerne oder schreibt mir eine Mail!
Liebe Grüße
Maya
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